„Zwangsarbeit“ bei BYD-Baustelle: 163 Arbeiter schuften unter menschenunwürdigen Zuständen in Brasilien
Auf einer Baustelle der chinesischen E-Autofirma BYD in Brasilien sollen sukzessive Arbeiter ausgebeutet werden. Die Behörden sprechen von „Zwangsarbeit“ und menschenunwürdigen Zuständen.
Camaçari – Die chinesische Autofirma BYD verfolgt seit rund drei Jahren eine weltweite Expansionsstrategie. Neben seinen Stammwerken in China betriebt der Hersteller für Elektroautos auch Vertriebsstandorte in den USA, Japan, Indien und Brasilien. Über allem steht das Motto von BYD: „Build Your Dreams oder „Verwirkliche deine Träume“. Doch in einer neu entstehenden Fabrik im brasilianischen Bundesland Bahia haben die Arbeitszustände wenig mit Träumen zu tun: Auf der Baustelle der mit Abstand größten Fabrik außerhalb Asiens arbeiten anscheinend zahlreiche Personen unter menschenunwürdigen Bedingungen – das bestätigten neben verschiedenen internationalen Medien und der Nachrichtenagentur Reuters auch die Staatsanwaltschaft für Arbeit vor Ort.
BYD für Zwangsarbeit in der Kritik: Acht Toiletten für 600 Arbeiter, ohne Wasser und Klopapier
So seien rund 163 Arbeiter der mit den Bauarbeiten beauftragen Firma Jinjiang Construction Brazil in einem „erniedrigenden“ Unterkünften untergebracht: Neben Betten ohne Matratzen berichtet die brasilianischen Behörden von alarmierenden hygienischen Zuständen vor Ort. So müssten sich 31 Arbeiter ein Badezimmer teilen. Die acht Toilettenräume, die anscheinend auch als Vorratsräume für das tägliche Essen verwendet dienten, wurden von insgesamt 600 Arbeitern benutzt – ohne Toilettenpapier und Wasser. „Die in den Unterkünften vorgefundenen Bedingungen zeigten ein alarmierendes Bild von Elend und Degradierung“, erklärte die Staatsanwaltschaft vor Ort weiter und betitelte das Arbeitsverhältnis als „Zwangsarbeit“: So habe die Baufirma Pässe und Löhne der Arbeiter eingezogen sowie eine Kaution eingefordert.
Wer die Arbeit abbricht, bekommt nur 60 Prozent des Lohns. Weiterhin müssen die überwiegend chinesischen Arbeitskräfte ihren Rückflug aus eigener Tasche bezahlen, was den Großteil des endgültigen Lohns überstiegen hätte.
BYD reagiert und kündigt Vertrag mit Subunternehmen – für alle Bereiche auf der Baustelle?
Die brasilianische Abteilung von BYD hat in einer Stellungnahme bereits auf die Vorwürfe reagiert. Man werde die „Missachtung der brasilianischen Gesetze und der Menschenwürde“ nicht tolerieren, heißt es in dieser. Deshalb habe die Autofirma den Vertrag mit dem Auftraggeber für einen Teil der Arbeiten umgehend beendet und werde weitere Maßnahmen prüfen. Ob und in welchem Umfang BYD die Firma Jinjiang Construction Brazil von der Baustelle verbannt hat, blieb vorerst unklar. Alexandre Baldy, Senior Vice President von BYD Brazil bestätigte hingegen, dass BYD Auto do Brasil von Anfang an mit den zuständigen Stellen zusammengearbeitet und beschlossen habe, den Vertrag mit dem Bauunternehmen Jinjiang zu kündigen. Die 163 betroffenen Arbeiter seien mittlerweile in Hotels untergebracht worden. Obwohl das Ministerium für Arbeit und Beschäftigung des Bundesstaates Bahia BYD erst am 23. Dezember von den Zuständen vor Ort unterrichtet habe, beteuert die chinesische Autofirma in der Stellungnahme, dass sie bereits früher reagiert habe.
So seien in den vergangenen Wochen die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Beschäftigten des Subunternehmers überprüft worden – und sogar Anpassungen vorgenommen worden. Wie genau sich der zeitliche Ablauf konkret gestaltete, blieb allerdings ebenfalls offen.
Brasilien als Tor zu Südamerika: BYD expandiert weltweit – und attackiert Tesla, Volkswagen und Co
BYD ist seit rund zehn Jahren in Brasilien tätig. Die betroffene Fabrik in der nordöstlichen Stadt Camaçari soll bis März 2025 fertiggestellt werden. Brasilien ist für BYD ein wichtiges Tor für den südamerikanischen Kontinent. Mittlerweile haben chinesische Marken einen Marktanteil von 9 Prozent an den Autoverkäufen. Dabei nutzt die Firma den Kostenvorteil gegenüber der Konkurrenz aus. Im Vergleich zu Fahrzeugen von Tesla, Volkswagen und Co sind die Modelle von BYD um mehrere zehntausenden Euros günstiger. Unternehmen und Politiker aus Europa und den USA kritisieren jedoch die Marktbedingungen um BYD E-Autos und werfen dem chinesischen Staat vor, die Dumpingpreise mit gezielten Subventionen künstlich zu gewährleisten.
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