Es gibt ein türkisches Sprichwort, das auch in der Politik gerne benutzt wird. Kervan yolda düzülür lautet es – „Die Karawane wird auf dem Weg geordnet”. Es wird verwendet, wenn man nicht zu viel darüber nachdenken will, wie die Dinge sich regeln. Irgendwie, das sagt der Spruch, irgendwie wird es schon gut gehen.
Vor einigen Wochen schaukeln Segelboote in den Wellen vor der Küste des Bosporus. Sie haben die Flagge der Bezirksverwaltung von Üsküdar gehisst, einem Stadtteil am asiatischen Ufer von Istanbul. Es ist Nachmittag, auf dem Wasser glitzert die Sonne. Am Ufer steht eine große Bühne, ein DJ spielt Musik, auf den Stufen davor sitzen Menschen, die seit Stunden warten. Plötzlich erheben sie sich, beginnen zu klatschen. Eine Drohne steigt auf und filmt aus der Luft, wie eine Frau in weißem Hosenanzug aus einem Van steigt und zur Bühne schreitet. Sinem Dedetaş, 43, ist die neue Bezirksbürgermeisterin von Üsküdar. Sie ist Mitglied der Oppositionspartei CHP und erst seit einigen Monaten im Amt. Ihr Auftritt aber ist der eines Superstars.