Wunsch: Ein Dezember ohne Krise

Startseite Lokales Erding Isen Wunsch: Ein Dezember ohne Krise Stand: 07.12.2024, 16:00 Uhr Von: Alexandra Anderka Kommentare Drucken Teilen Familie Dinger beim Fotoshooting (v.l.): Yvonne, Katharina und Henry Dinger genießen die gemeinsamen Momente, in denen es ihrer Tochter besser geht. © MATTHIAS SCHMIDT FOTOGRAFIE Familie Dinger aus Isen schildert ihren besonderen Alltag mit Tochter Katharina. Isen
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Familie Dinger beim Fotoshooting (v.l.): Yvonne, Katharina unhd Henry Dinger.
Familie Dinger beim Fotoshooting (v.l.): Yvonne, Katharina und Henry Dinger genießen die gemeinsamen Momente, in denen es ihrer Tochter besser geht. © MATTHIAS SCHMIDT FOTOGRAFIE

Familie Dinger aus Isen schildert ihren besonderen Alltag mit Tochter Katharina.

Isen – Der sehnlichste Weihnachtswunsch von Yvonne Dinger ist „ein Dezember ohne Krise“. Ihr Mann Henry nickt und erklärt: „Katharina ist jetzt 14 Jahre alt. Es gab in all den Jahren noch keinen Dezember, in dem sie nicht krank war.“ Ganz schlimm war es 2016. Da verbrachte Familie Dinger drei Wochen, inklusive Weihnachten und Neujahr, im Kinderkrankenhaus in Landshut, zwei Wochen davon auf der Intensivstation.

Momentan ist Katharina stabil. Sie kommt gerade von der Schule nach Hause, ihre Mama bindet sich einen Tragegurt um die Hüfte, um der Schulbegleiterin ihre Tochter abzunehmen. Das Mädchen leidet an dem seltenen Miller-Dieker-Syndrom. Sie ist schwerstbehindert, kann nicht alleine sitzen und laufen, nicht sprechen und wird über eine Magensonde ernährt. Doch auf ihre ganz spezielle Weise kommuniziert die kleine „Hummel“, wie sie von ihren Eltern liebevoll genannt wird, mit der Außenwelt. Wenn sie beispielsweise kräht, geht es ihr gut.

Kommunion feiert Katharina mit ihren Eltern im Juli 2022.
Ihre Kommunion feiert Katharina mit ihren Eltern im Juli 2022. © privat

Es kann plötzlich brenzlig werden

Doch die Situation kann von einer Stunde auf die andere brenzlig werden. Mama Yvonne gesteht, dass sie jeden Tag um Katharinas Leben bange. Papa Henry sei gut im Verdrängen, nur „sobald die Körpertemperatur steigt“, werde auch er nervös.

Die Eltern versuchen, ein möglichst normales Familienleben zu gestalten. Tagsüber ist Katharina mit einer Schulbegleiterin, einer ausgebildeten Pflegerin von einem Kinderintensivpflegedienst, in der Nikolausschule in Erding. Außer diese fällt aus, was drei bis fünf Mal pro Monat vorkomme. Dann ist Katharina zuhause bei Papa und der muss schnell seinen Tag umplanen. Ab dem späten Nachmittag versorgen die Eltern ihre Tochter sowieso selbst. Da ist dann Bewegungs-, Musik- und Physiotherapie angesagt.

Katharina hat außerdem mit einer nicht therapierbaren Epilepsie zu kämpfen. In der Nacht bekommt sie Sauerstoff und ist an einen Überwachungsmonitor und ein Epilepsie-Überwachungsgerät angeschlossen. In etwa 11 bis 14 Nächten pro Monat übernimmt eine Schwester den Dienst, sie kommt um 21.30 Uhr, dann arbeiten die Eltern oft noch bis Mitternacht.

In einer guten Nacht stehen wir zwei bis sechs Mal auf.

Yvonne Dinger

Die übrigen Nächte decken die beiden Eltern abwechselnd selbst ab. „In einer guten Nacht stehen wir zwei bis sechs Mal auf“, sagt Yvonne Dinger und fragt sich selbst: „Keine Ahnung, wie wir das mit so wenig Schlaf aushalten.“

Schließlich arbeiten beide, denn gleichzeitig mit der Diagnose nach dem großen Ultraschall, dass ihr Kind behindert sein könnte, unterschrieben die beiden den Kreditvertrag für ihre eigene Doppelhaushälfte in Isen.

Der 54-Jährige war bis 2016 als Motor-Journalist angestellt, er testete Autos für ein Fachmagazin, oft auch im Ausland. Doch das ließ sich irgendwann nicht mehr mit der besonderen Situation zuhause vereinbaren. „Mehrmals musste ich spontan früher nach Hause, weil es Katharina plötzlich schlecht ging und niemand wusste, ob sie es überleben wird.“ Er kündigte seine Arbeit und arbeitet seither als freier Journalist, unter anderem für die Heimatzeitung, um seine Arbeitszeit frei einteilen zu können.

Alles war für einen Abbruch vorbereitet

Die Ärzte hatten nicht mit Katharinas Beharrlichkeit gerechnet. Nachdem sie wider Erwarten die Geburt überstanden hatte, gaben sie dem schwerstbehinderten Mädchen zwei bis drei Jahre Lebenszeit. Mama Yvonne lacht verschmitzt: „Ja, Resilienz kann man von unserer Hummel lernen. Sie ist ein Stehaufmännchen.“

Die Dingers bekamen die endgültige Diagnose nach einer ständigen Achterbahnfahrt in der 31. Schwangerschaftswoche. „Im Krankenhaus war bereits alles für einen Abbruch vorbereitet“, erinnert sich die Mama. Doch die Eltern waren sich einig und bereuen es bis heute keine Sekunde: „Das machen wir nicht. Katharina war schon ein kleiner Mensch, der in meinem Bauch herangewachsen war und dort getötet, zerteilt und in Einzelteilen herausgeholt worden wäre.“

Die 51-jährige Beamtin ist 20 Stunden pro Woche bei der Bayerischen Schlösser-, Gärten und Seenverwaltung beschäftigt, drei Tage im Home Office und einen Tag im Büro in München. Zusätzlich ist sie als Ernährungsberaterin tätig. Nach drei Jahren Elternzeit ging sie wieder arbeiten. „Wir brauchen das Geld. Meine Ersparnisse waren nach den drei Jahren aufgebraucht“, begründet sie es.

Erster Schultag: Katharina besucht seit September 2018 die St. Nikolausschule in Erding.
Erster Schultag: Katharina besucht seit September 2018 die St. Nikolaus-Schule in Erding. © privat

Ein Bus für mehr Teilhabe

Bislang seien sie gut über die Runden gekommen. „Wir haben ja keine Ausgaben für Hobbys oder Urlaub“, erklärt Henry Dinger. Außerdem seien sie bescheiden, meint seine Frau und deutet auf das bunt gemusterte Sofa. „Das ist von 1996.“ Auch die beiden Autos seien alt. Doch hier müssten sie jetzt etwas tiefer in die Tasche greifen. „Ein Bus würde uns soviel mehr teilhaben lassen“, sagt Yvonne Dinger. Dann wäre auch wieder einmal ein Familien-Ausflug außerhalb der warmen Jahreszeit möglich.

Denn Katharina muss gewickelt werden, mit ihrer Größe passt sie auf keinen Wickeltisch in Rast- oder Gaststätten. In einem Bus könnte man das einrichten. Außerdem könnten die Eltern ihre Tochter direkt im Rollstuhl transportieren und müsste sie nicht auf einen Kindersitz umbetten. So ein entsprechend ausgestatteter Bus kostet gebraucht allerdings 30 000 bis 40 000 Euro. Und hier sind die Dingers auf Spenden angewiesen, „was meinem Mann sehr schwer fällt“, gesteht Yvonne Dinger.

Jetzt hoffen die beiden, dass ihr größter Weihnachtswunsch in Erfüllung geht und die Hummel fit bleibt – auch wenn ihr „schönster Weihnachtsbaum“ von einem Nachbarn stammte, als sie in der Vorweihnachtszeit mal wieder alle drei im Krankenhaus waren. „Er hatte einen Baum mit Ferrero-Rocher-Kugeln geschmückt und uns an Heiligabend vor die Tür gestellt. Das war eine sehr gelungene Überraschung.“

Licht in die Herzen

Das Leserhilfswerk des Erdinger/ Dorfener Anzeiger unterstützt unverschuldet in Not geratene Bürger im Landkreis wie Familie Dinger. Spenden sind auf das Konto (Nummer 17 111) bei der Sparkasse Erding möglich. Kontoinhaber: Zeitungsverlag Oberbayern. IBAN: DE54 7005 1995 0000 0171 11. Ab einem Betrag von 300 Euro werden auf Wunsch Spendenquittungen ausgestellt. Dies vermerken Sie bitte mit Adresse auf dem Überweisungsträger. Die Spendernamen werden veröffentlicht. Wer dies nicht wünscht, vermerkt es ebenfalls.

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