Streit um den Haushalt 2025: Kürzungen bei der Rente wieder im Gespräch
Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht beim Haushalt 2025 Sparpotenzial im Sozialen. Kürzungen bei der Rente und beim Bürgergeld könnten die Lösung sein.
Berlin – Die Ampel-Koalition steht erneut vor einer Herausforderung: Nachdem sie sich vier Wochen lang auf die erzielte Haushaltsvereinbarung für 2025 berufen konnte, bringt ein wissenschaftliches Gutachten die Verfassungsmäßigkeit des neuen Haushalts ins Wanken. Das Haushaltsdefizit von 17 Milliarden Euro muss erneut angegangen werden.
Kürzungen bei der Rente: Lindner will im Sozialen sparen
Bundesfinanzminister Christian Lindner ( FDP) hat bereits klargestellt, wo seiner Meinung nach Einsparungen vorgenommen werden sollten. Er fordert Kürzungen „im konsumtiven Bereich“, insbesondere im Sozialbereich, wie dem Bürgergeld und der Rente. Diese Themen waren in den letzten Wochen und Monaten immer wieder zentrale Streitpunkte innerhalb der Ampel-Koalition. Doch wo lässt sich bei der Rente noch sparen?
Es ist wichtig zu betonen, dass weder die Höhe der Renten noch das Bürgergeld von der Bundesregierung gekürzt werden können. Sie sind verfassungsrechtlich geschützt und ihre Höhe wird nicht von der Regierung festgelegt, sondern ist an bestimmte Parameter wie die Inflationsrate, das Existenzminimum oder die Lohnentwicklung gebunden.
Trotzdem kann die Regierung an vielen anderen Stellen ansetzen, um die Kosten zu senken. Die Renten machen einen großen Anteil am Haushalt aus, 2024 werden 127,3 Milliarden Euro an die Rentenversicherung fließen. Daher wird immer wieder darüber diskutiert, wie diese Summe reduziert werden kann.
Rente mit 63 abschaffen: 3,5 Milliarden Euro im Jahr
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm äußerte bereits während der letzten Haushaltskrise im November 2023: „ Prinzipiell sind Einsparungen bei den Renten möglich. Zum Beispiel die Rente ab 63 oder die Mütterrente könnte man zur Disposition stellen“. Ökonomen fordern seit langem ein Ende dieser beiden Renten, da sie falsche Anreize setzen und hohe Kosten verursachen.
Insbesondere die FDP würde gerne die sogenannte „Rente mit 63“ abschaffen. Tatsächlich handelt es sich dabei um die Rente für besonders langjährig Versicherte und mit 63 kann eigentlich niemand mehr in den Ruhestand gehen. Bei der „Rente mit 63“ wird das Renteneintrittsalter schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Wer 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann demnach früher in Rente gehen. Für alle anderen gilt das Renteneintrittsalter von aktuell 66 oder 67 Jahren.
Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bezogen Ende 2022 rund zwei Millionen Rentner und Rentnerinnen eine „Rente mit 63“. Jährlich kommen durchschnittlich 200.000 Personen hinzu. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Allerdings bedeutet dies nicht, dass bei einer Abschaffung der Rente für besonders langjährig Versicherte automatisch drei Milliarden Euro eingespart werden könnten. „Die Kosten der Rente für besonders langjährig Versicherte können nicht unmittelbar aus den Daten der Rentenversicherung abgeleitet werden, da schlichtweg unbekannt ist, wie das Rentenzugangsverhalten ohne diese Neuregelung wäre“, so das BMAS.
Mütterrente in der Debatte: 13 Milliarden Euro pro Jahre für Rentnerinnen
Auch die Mütterrente steht zur Diskussion. Ende 2023 schlug die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, vor, die Mütterrente zu streichen. „ Anstelle der Mütterrente hätte man die Bahn sanieren oder Brücken bauen können“, sagte sie dem Tagesspiegel.
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beliefen sich die Kosten für diese Rentenform im Jahr 2022 auf 13 Milliarden Euro, was etwa drei Prozent der Gesamtausgaben der Rentenversicherung entspricht. Die Mütterrente kommt allen Frauen zugute, die vor 1992 Kinder geboren haben. Sie soll ihre Kindererziehungszeiten rückwirkend anerkennen und so ihre Renten aufbessern. Das DIW weist jedoch darauf hin, dass diese Gruppe von Rentnerinnen mit der Zeit kleiner wird, sodass die Kosten automatisch sinken werden.
Das DIW hat die Folgen einer Abschaffung der Mütterrente untersucht und kommt zu dem Schluss, dass dies ein schwerwiegender Fehler wäre. Es würde das Armutsrisiko vieler Frauen erhöhen, den Rentenabstand zwischen Männern und Frauen deutlich vergrößern und etwa neun Millionen Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen erheblich belasten. „Es ist zudem höchst unwahrscheinlich, dass diese Leistungsrücknahme verfassungsrechtlich gebilligt würde“, so das DIW in ihrer am 31. Juli veröffentlichten Studie.
Rentenpaket II im Bundestag blockiert: 800 Milliarden Euro kosten ab 2045
Innerhalb der Ampel-Koalition ist zudem die groß angekündigte Rentenreform, das Rentenpaket II, immer noch umstritten. Obwohl das Bundeskabinett im Mai den Gesetzesentwurf verabschiedet hat, hat der Widerstand der FDP zu einer Blockade im Bundestag geführt. Mit dem Rentenpaket II wurde festgelegt, dass das Rentenniveau bis 2039 auf 48 Prozent festgeschrieben wird und dafür die Beiträge in die Rentenversicherung steigen sollen.
Derzeit beträgt der Beitrag von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen in die Rentenkasse 18,6 Prozent des Bruttolohns. Ab 2028 soll dieser Beitrag auf 20 Prozent steigen, bis 2035 auf 22,3 Prozent. Darüber hinaus soll auch das Eintrittsalter bei 67 Jahren bleiben.
Die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent ist für den Haushalt kostspielig. Ab 2030 werden Mehrkosten von neun Milliarden Euro erwartet, in den 2040er Jahren soll das auf enorme 40 Milliarden Euro ansteigen. Bis 2045 sollen die Rentenausgaben über 800 Milliarden Euro betragen. Diese Kosten sollen teilweise durch die Aktienrente und teilweise durch die Beiträge zur Rentenversicherung gedeckt werden – aber ein großer Teil davon wird vom Steuerzahler über den Haushalt finanziert. Die FDP möchte dies verhindern und strebt daher möglicherweise eine erneute Verhandlung des Rentenpakets II an.
Rentenniveau sinkt ohne Rentenpaket II
Auch der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger äußerte seinen Unmut über diese Pläne. Das Rentenpaket II wäre das „teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts“, warnte Dulger im Mai in der Bild am Sonntag. Das Vorhaben müsse daher „umgehend gestoppt werden“. Es sei „unfair und ungerecht, in den nächsten 20 Jahren 500 Milliarden Euro mehr für die Rente auszugeben“.
Sollte das Rentenpaket II tatsächlich gekippt werden, müsste das Rentenniveau für die 21 Millionen Rentner und Rentnerinnen im Land sinken. Das bedeutet: Die Renten würden im Vergleich zu den Löhnen der restlichen Bevölkerung kleiner werden.
Auch interessant
Kommentare
Teilen