Russland zieht seine Kampfjets plötzlich zurück – dahinter steckt wohl Kalkül
Russland zieht offenbar vermehrt Kampfjets von grenznahen Flughäfen ab. Beobachter glauben, damit wolle Moskau einer Entscheidung des Westens zuvorkommen.
Kiew – Fast tausend Tage sind vergangen, seit Russland die Ukraine im Februar 2022 überfiel. Auf dem Boden haben russische Truppen im Ukraine-Krieg derzeit die Initiative. In der Luft könnten die Karten gerade neu gemischt werden: mit dem Eintreffen der F-16-Kampfjets etwa oder einer möglichen Erweiterung der Einsatzreichweite westlicher Waffen. Berichten zufolge zieht Russland bereits vorsorglich Kampfjets aus grenznahen Stützpunkten ab.
Einsatz von ATACMS-Raketen im Ukraine-Krieg bleibt eingeschränkt – rechnet Russland mit einer Änderung?
Der Westen erteilte Kiew unlängst die Erlaubnis, westliche Waffen mit geringerer Reichweite auch auf russischem Territorium einzusetzen. Der Einsatz der reichweitenstarken ATACMS-Raketen auf Ziele in Russland ist jedoch weiterhin beschränkt. Womöglich rechnet Russland damit, dass sich das bald ändert. Denn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert seit Wochen den erweiterten Einsatz westlicher Waffen.
Den russischen Vorstoß im Mai in Charkiw zu stoppen, sei auch dank der Aufhebung von westlichen Auflagen möglich gewesen, betonte Selenskyj Mitte Juli. „Je weniger Beschränkungen wir für den Waffeneinsatz haben, umso mehr wird Russland einen Frieden anstreben.“ Russland zieht einem Bericht der Analysten von Frontline Intelligence zufolge bereits Kampfjets von grenznahen Flughäfen ab und verlagert sie weiter ins russische Kernland. Das ergab eine Auswertung kommerzieller Satellitenbilder.
Beim Luftwaffenstützpunkt Woronesch-Malschewo in Südrussland, rund 200 Kilometer hinter der Grenze, seien noch im Juni Dutzende Su-34-Kampfflugzeuge stationiert gewesen, so der Bericht. Diese Kampfjets habe Moskau nun vorsorglich verlegt. „Anders als in der Vergangenheit agiert Russland jetzt eher präventiv als reaktiv“, so die Schlussfolgerung der Analysten. Die ATACMS-Raketen der USA haben eine potenzielle Reichweite von rund 300 Kilometern.
Russland zieht offenbar Kampfjets aus Grenzregionen ab: „Präventiv statt reaktiv“
Gegen die Gleitbomben, die russische Kampfjets weit hinter der Front abwerfen, gibt es bislang kein probates Mittel – außer die Flugzeuge selbst zu dezimieren. Doch die Flughäfen der russischen strategischen Luftwaffe bei Saratow und Murmansk liegen weit außerhalb der Reichweite der vom Westen bereitgestellten Raketen. Kiews Truppen setzen daher auch auf Drohnen, deren Reichweiten immer größer werden. Fast 2000 Kilometer konnten die unbemannten Flugkörper ukrainischen Angaben zufolge bereits überbrücken.
Bei einem Drohnenangriff auf den Luftwaffenstützpunkt Olenya südlich von Murmansk will die Ukraine einen strategischen TU-22M3-Bomber Russlands beschädigt haben. Solchen Erfolgen versucht Moskau nun laut Frontline Intelligence mit einer größeren Diversifikation zuvorzukommen: Statt die wertvollen Flugzeuge konzentriert auf wenigen Flughäfen zu stationieren, verteilt die Luftwaffe ihre Kampfjets demnach auf mehrere Standorte mit größerem Abstand zur Grenze. Das führt allerdings auch zu längeren Flugzeiten und erhöht damit die Chancen der Ukraine, russische Luftangriffe zu erkennen und abzuwehren.
Doch die Stationierung der F-16 Flugzeuge ist auch für die ukrainische Armee eine Herausforderung.
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