Einwanderer wie bei einer „Zombie-Apokalypse”, ein „sehr niedriger IQ” bei US-Präsident Biden und „nukleare Erwärmung” als größere Gefahr als der Klimawandel. So quatschen, lügen und loben sich Donald Trump und Elon Musk durch ein langes Gespräch.
Wie kann das nur jemand aushalten? Elon Musk, einer der reichsten Männer der Welt, und Donald Trump, republikanischer Präsidentschaftskandidat, haben länger als zwei Stunden lang live in einem Audio-Livestream auf X miteinander geredet. So kann man das neutral beschreiben, aber treffender wäre: Zwei der weltweit bekanntesten Männer sind plötzlich Podcast-Bros. Zwei Kumpel also, die auf ihrer eigenen Plattform bestärken, loben, Lügen erzählen, überdrehen und vor dem Untergang der Vereinigten Staaten warnen, falls Kamala Harris und die Demokraten im November die Präsidentschaftswahl gewinnen.
Doch bevor all dies geschieht, muss sich der Tech-Milliardär und Tesla-Gründer, der Twitter kaufte, personell aushöhlte und in X umbenannte, mit technischen Problemen herumschlagen: Der Stream funktioniert nicht. Laut Musk beginnt die Übertragung wegen eines „massiven” DDoS-Hackangriffs viel später als geplant. Es gebe eben „viel Widerstand gegen das, was Trump sagen wolle”, sagt der Milliardär zur Einleitung, und Trump stellt sich direkt als unschuldiges Opfer dar: „Häufig sind es solche, die etwas Konstruktives zu sagen haben!”
Allein, dass Trump nach fast einem Jahr wieder auf X aktiv ist: bemerkenswert. Die beiden werden über das Attentat reden, lange über die Einwanderung via Südgrenze, über die Inflation und Sicherheit; Trump klopft sich dabei permanent auf die Schulter, und Musk lacht immer wieder nervös auf, fällt dem Ex-Präsidenten ins Wort, will auch unbedingt seine Ansichten loswerden. Dies sei kein Interview, hatte er angekündigt, sondern eine Unterhaltung. Danach klingt es aber größtenteils nicht, sondern einfach nach jemandem, der nicht immer weiß, wann es störend ist, etwas von sich zu geben.
„Zombie-Apokalypse” an der Südgrenze
Sie beginnen mit Trumps neuem Gefühlsthema, dem Attentat. „Illegale Einwanderung hat mein Leben gerettet”, sagt Trump, weil er sich im Moment des Schusses einer Grafik zum Thema zugewandt hatte, bevor ihn die Kugel traf. Musk amüsiert sich köstlich über den möglicherweise ungewollten Zynismus: „Oh, das ist so gut!” Trump hat mehrfach angekündigt, Millionen Menschen abschieben zu wollen, sollte er Präsident werden.
Musk fabuliert, die Menschen „strömten über die Grenze”, was manchmal aussehe wie eine „Weltkriegs-Zombie-Apokalypse”. In vier Jahren hätten „wir kein Land mehr”. Trump bietet mit: „60 Millionen Menschen aus aller Welt” würden in die USA kommen. Musk legt nach. „Es ist nicht möglich, jeden aus der ganzen Welt aufzunehmen”, lässt eine typische rechte Übertreibung los. Wir werden jetzt schon überwältigt, fügt Trump hinzu. Er wiederholt die Lügen, dass andere Länder ihre Straftäter freiließen und in die USA schickten, wo sie nun ihr Unwesen trieben.
Unter seiner Präsidentschaft sei hingegen alles Gold gewesen, so beschreibt es Trump wie üblich, und Musk widerspricht nicht, im Gegenteil. „Leute wie Kim Jong Un reagieren auf Stärke, nicht auf Schwäche”, sagt er über Nordkoreas Diktator, als Trump ausführt, wie er qua Persönlichkeit alle internationalen Krisen im Handstreich lösen würde. Sie auch gar nicht erst geschehen wären, hätte er nach 2020 weiterregiert. Doch der Wahlsieger hieß Joe Biden, dem Trump nun einen „sehr niedrigen IQ” attestiert, der „jetzt gar keinen mehr haben könnte. Es gibt keine Skala, die so tief geht.” Kamala Harris sei noch schlimmer, und es sei „ein Staatsstreich” gegen Biden gewesen. Der sei „nah am Zustand von Gemüse”. Einmal erinnert Trump an das TV-Duell gegen Biden. „ICH – HABE – BIDEN – BESIEGT”, sagt er mit gehobener Stimme.
Wegen Biden sei in den USA alles schlecht, klagt Trump, ein Desaster; die Wirtschaft, die Inflation, die Preise. Er behauptet, Lebensmittel seien „50, 60 sogar 100 Prozent” teurer. Das stimmt nicht – es sind im Schnitt 20 Prozent höhere Preise seit Anfang 2021. Musk schiebt ein, daran sei eben die Regierung schuld, die so viel Geld ausgebe, und schlägt mehrfach eine „Regierungseffizienzkommission” vor, was unfreiwillig komisch ist. Er bietet Trump seine Hilfe an, um den Rotstift zu zücken, was dieser für eine ganz fabelhafte Idee hält: „Das fände ich toll, Du bist der beste Zusammenstreicher!” Er lobt Musk dafür, wie dieser streiklustige Mitarbeiter einfach feuert.
„Nukleare Erwärmung”
Eine kleine verbale Exkursion nach Südamerika unternehmen Trump und Musk auch, sie sind sich einig, wie toll Einsparungen im öffentlichen Sektor in Argentinien unter dem MAGA-Fan Javier Milei funktioniert hätten und der Wohlstand zurückkehre. Das ist allerdings erfunden; die dortige Inflation ist zwar niedriger. Aber der Wirtschaft geht es schlecht, die Renten wurden zusammengestrichen und die Armutsrate liegt inzwischen bei über 50 Prozent.
Auch Klimawandel und Energiepolitik lassen die beiden nicht aus. Trump erzählt irgendetwas von „nuklearer Erwärmung” wegen Kernenergie, sagt aber nicht, was er genau damit meint. Wohl aber, dass es die „größte Gefahr” sei, gefährlicher als die Klimaerwärmung wegen Öl und Gas. Musk rumpelt sich zur Position, er sei dafür, langsam zu nachhaltigen Energien zu wechseln, insbesondere Solar. Dies sei in „50 bis 100 Jahren” zu erreichen, bevor die Menschen wegen des hohen Kohlendioxidgehalts Atemprobleme bekämen. „Das wird schon okay sein.” Aber Öl und Gas könne man weiterhin nutzen. Es ist der einzige Moment im Gespräch, bei dem sich die Positionen der beiden nicht decken.
Musk streut ein wenig Werbung für seine Elektroautos von Tesla ein, lobt sich für den „teuersten Scherz der Welt”, weil vier verschiedene Automodelle seiner Marke (S, 3, X und Y) das Wort sexy ergeben würden; worüber Trump lacht. Und so geht es weiter und weiter. Kamala Harris wird beschimpft, auch ihr Vize Tim Walz bekommt sein Fett weg. Trump zufolge nutzt die EU die USA aus, er nennt Fantasiezahlen zu den Ukraine-Hilfen, schürt Angst vor einem möglichen Dritten Weltkrieg, und die Einwanderer und die Kriminalität, auf offener Straße passiert das, alles ist schlimm, schlimm, schlimm. Die Lösung? „Wir brauchen einen Mann, der unglaublich scharfsinnig ist”, sagt Trump. Wen er damit meint, ist klar: sich selbst.