Nach der Messerattacke von Solingen hat CDU-Chef Merz dem Kanzler eine gemeinsame Neuausrichtung der Migrationspolitik vorgeschlagen. Wie reagieren Vertreter der Ampel darauf?

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Bundeskanzler Olaf Scholz will am individuellen Recht auf Asyl nicht rütteln. „Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten. Das steht in unserem Grundgesetz. Und das wird niemand mit meiner Unterstützung infrage stellen”, sagte der SPD-Politiker im ZDF-„heute journal”. Scholz erklärte dies wenige Stunden nach einem Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz.

Vor dem Hintergrund des mutmaßlich islamistischen Anschlags von Solingen vom Freitag mit drei Toten hatte Merz unter anderem einen generellen Aufnahmestopp von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan gefordert – am Dienstagabend sprach Merz dann von einem „faktischen Aufnahmestopp”.

SPD-Innenpolitiker hält Merz’ Angebot für Wahlkampf

Merz schlug dem Kanzler bei dem Gespräch eine gemeinsame Neuausrichtung der Migrationspolitik vor – notfalls auch ohne die Ampel-Partner Grüne und FDP, was der Forderung nach einem Koalitionsbruch gleichkam. Eine klare Zu- oder Absage von Scholz steht noch aus.

SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese sagte unterdessen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Dieses Land zeichnet sich in schwierigen Zeiten dadurch aus, dass die Regierung und die Opposition Parteigrenzen überwinden können.” Das müsse aber mit voller Ernsthaftigkeit vorgetragen werden. „Die Aufforderung zum Koalitionsbruch ist doch eher den Wahlen am Sonntag geschuldet. Dies bedauere ich sehr. Es wird der aktuellen Aufgabe nicht gerecht.” Am Sonntag sind Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen.

FDP sieht starke Überschneidungen mit Merz’ Vorschlägen

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich hingegen offen für Merz’ Vorschläge. Er sagte der „Bild”: „Die FDP steht zu überparteilichen Anstrengungen bereit, neuen Realismus in der Migration von Bund und Ländern konsequent durchzusetzen. Die Vorschläge von Herrn Merz zur Migration decken sich stark mit denen der FDP.”

Lindner bekräftigte auch: „Wir schlagen zusätzlich vor, Dublin-Flüchtlingen wie dem Täter von Solingen keine Sozialleistungen mehr in Deutschland zu zahlen, damit diese in das zuständige EU-Land ausreisen.”

Grüne kritisieren Merz’ Wortwahl

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, zeigte sich grundsätzlich offen für Gespräche, kritisierte aber Merz’ Tonalität. „Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion zündelt (…), statt seiner Verantwortung gerecht zu werden”, sagte sie der „Bild”.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Alle demokratischen Parteien sind in der Verantwortung, die Gefahren des islamistischen Terrors entschieden zu bekämpfen. Da tragen Bund und Länder gemeinsam Verantwortung.” Es brauche zielgerichtete Maßnahmen und echte Lösungen. Darum müsse es gehen, „nicht um die eigene Profilierung”, sagte sie, ohne Merz namentlich zu nennen.

Merz fordert nun „faktischen Aufnahmestopp”

Merz verteidigte unterdessen seinen Vorschlag für einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan grundsätzlich – spricht nun aber nur noch von einem „faktischen Aufnahmestopp”, zu dem seine Vorschläge führen würden. „Eine Änderung des Asylrechts im Grundgesetz fordern wir nicht”, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden vierseitigen „Fragen und Antworten”-Papier, das Merz an die Mitglieder des Bundesvorstands seiner Partei nach seinem Treffen mit Scholz verschicken ließ.

Nach dpa-Informationen hatte der Vorstoß des Parteivorsitzenden auch in der eigenen Reihen für Nachfragen gesorgt, wie ein solcher Aufnahmestopp rechtlich möglich sei. Merz hatte seine Forderung am Wochenende erhoben – kurz nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz IS. Diese reklamierte den Anschlag für sich. Der mutmaßliche Täter hätte eigentlich nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber nicht geschah. (dpa/bearbeitet von fte)

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