MorphoSys-Übernahme abgeschlossen
Der Schweizer Biotechnologie- und Pharmakonzern Novartis hat das Planegger Biotechnologieunternehmen MorphoSys übernommen. Knapp sieben Monate nach Bekanntwerden der Pläne ist der Prozess nun abgeschlossen. Wie es mit dem Namen „MorphoSys“ und dem Standort im Gewerbegebiet Steinkirchen weitergeht, ist offen.
Teil eines weltweit agierenden Konzerns zu werden, war ursprünglich nicht der Plan von MorphoSys. Der Biotech-Pionier, 1992 mit lediglich 300 000 D-Mark Startkapital gegründet, zog 1997 als eine der ersten Firmen in das Innovations- und Gründerzentrum für Biotechnologie (IZB) in Martinsried ein. Dort wurde es schnell zu eng. Die Gemeinde bemühte sich intensiv darum, MorphoSys zu halten.
Dass die Planegger Niederlassung der Firma Imtech zwei Jahre nach Bezug eines neuen Bürogebäudes an der Semmelweisstraße aufgrund wirtschaftlicher Turbulenzen nach Sendling verlagert wurde, erwies sich als Glücksfall. Ende 2016 bezog MorphoSys die neue Zentrale in Steinkirchen. Damit hatte die Verteilung auf drei Martinsrieder Gebäude ein Ende. Der ehemalige Bürokomplex bot genug Fläche für alle Mitarbeiter. Zum 25-jährigen Firmen-Jubiläum im Juli 2017 zeichnete der damalige MorphoSys-Chef und Mitgründer Simon Moroney ein Zukunftsbild als selbstständiges Unternehmen. Auf Basis der eigenen HuCAL-Antikörpertechnologie habe man „110 Medikamentenkandidaten“, bereits mehr als 20 davon würden „derzeit klinisch erprobt“, sagte er damals. Und tatsächlich gab es ja bereits zugelassene Arzneimittel, etwa Tremfya gegen Schuppenflechte.
Entlassungen im März 2023
Das Identifizieren und Testen weiterer Behandlungsziele wurde jedoch zunehmend zäh und zeitraubend. In der Folge versuchte MorphoSys die Fokussierung auf Krebsmedikamente wie Monjuvi. Das Unternehmen beendete seine präklinischen Forschungsprogramme. Durch die Verschmälerung der Ausrichtung im März 2023 wurde die Planegger Belegschaft um 17 Prozent geschrumpft: 70 der insgesamt 420 Mitarbeiter mussten gehen. Die Investoren überzeugte dies dennoch nicht: Statt bei rund 100 Euro zur Zeit des Firmenjubiläums 2017 notierten die Aktien Anfang 2023 nur noch bei rund 20 Euro – bis zum Bekanntwerden der Übernahmepläne, die im Februar 2024 gleich den Hüpfer auf etwa 65 Euro brachten.
Bereits im Frühsommer hatten rund 90 Prozent der Aktionäre das Angebot angenommen, ihre MorphoSys-Aktien zu 68 Euro an Novartis abzugeben; weitere Übertragungen der Aktien folgten. Der Grund: Der offerierte Wert lag im oberen Bereich der Freudensprungbreite, die sich ab dem Bekanntwerden des Übernahmeplans bei 65 Euro eingependelt hatte. Anfang August beendete die MorphoSys AG den Börsenhandel mit ihren Aktien. Am 27. August brachte eine virtuell, also elektronisch durchgeführte Hauptversammlung die vormalige MorphoSys AG komplett unter die Haube von Novartis.
92,43 Prozent des Wertpapierbesitzes waren am 27. August vertreten, und die virtuelle Versammlung billigte zu 99,95 Prozent den „Squeeze-out“: das Herausdrängen der restlichen Anteilseigner. Nach dem Umwandlungsgesetz völlig legal, denn ab 95 Prozent des Aktienbesitzes kann ein Mehrheitseigner die restlichen Streubesitzer zum Abgeben ihrer Papiere zwingen. Auch diese Widerwilligen oder schlicht Vergesslichen erhielten natürlich ihre 68 Euro pro Wertpapier gutgeschrieben. Somit sind nun 100 Prozent der Aktien und damit das volle Besitzrecht bei Novartis. „Übernahme abgeschlossen – MorphoSys ist nun ein Novartis-Unternehmen“, verkünden die Planegger in schwungvoll-optimistischer Formulierung.
MorphoSys steht jedenfalls trotz des Verlusts der Selbstständigkeit in guter Form da, denn die Novartis hat sich, nach eigenen Angaben, das Aufkaufen der Aktien insgesamt 2,7 Milliarden Euro kosten lassen. Der Wert der Technologie und der Forschungskompetenz steht somit außer Frage, und vermutlich wird zunächst auch der Standort Planegg beibehalten, denn das Fachwissen der oft ortsgebundenen Mitarbeiter ist wichtig.
Mittelfristig Verlagerung möglich
Freilich erscheint mittelfristig auch eine Verlagerung rund um die Landeshauptstadt möglich, denn Novartis lässt sich die Zukunft offen: „Neben Nürnberg bauen wir einen gleichwertigen Standort in München auf“, heißt es auf der Firmen-Website. Ob diese Örtlichkeit dann exakt das Würmtal und die Semmelweisstraße in Steinkirchen meint, ist somit nicht langfristig garantiert: „Leider nein“, sagt dazu auch MorphoSys-Sprecher Christian Grope, der noch nicht einmal sagen kann, ob der vertraute Firmenname künftig noch eine Rolle spielen wird oder ob der neue Name „Novartis“ durchgängig Verwendung findet.
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Andreas Bretting
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