Landratsamt rügt: Kirchheim rein rechnerisch stark überschuldet
Das Landratsamt drängt die stark verschuldete Gemeinde Kirchheim auf Kürzungen bei freiwilligen Leistungen. Das würde Vereine treffen.
Kirchheim – Lange hat es gedauert, bis das Landratsamt als Rechtsaufsicht den Haushalt 2024 für Kirchheim genehmigte. Dies aber auch nur unter der Auflage, dass bis Ende November ein Konsolidierungskonzept für die enorm verschuldete Gemeinde vorliegt. „Unsere Situation ist kritisch, aber nicht dramatisch. Doch wir müssen dringend sparen“, sagt Bürgermeister Stephan Keck (SPD).
Rechtsaufsicht prüft Haushalt der Gemeinde
Im März hatte Kämmerin Christine Brunner-Ernst der Rechtsaufsicht im Landratsamt den Haushalt für das Jahr 2024 vorgelegt. Dies war notwendig wegen des enorm hohen Schuldenstandes, der Ende 2024 bei rund 80 Millionen Euro liegen wird, wegen der zu geringen Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenhaushalt in Höhe von 1,1 Millionen Euro – notwendig wären 2,1 Millionen Euro gewesen – und wegen der hohen Kreditaufnahme von 25 Millionen Euro.
Haushalt unter Auflagen genehmigt
Jetzt hat das Landratsamt den Haushalt unter Auflagen genehmigt und zahlreiche Punkte kritisiert: Zum einen bestünden an der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde große Zweifel. Die Pro-Kopf-Verschuldung liege mit 6255 Euro in diesem Jahr und 6839 Euro im kommenden Jahr fünf- bis sieben Mal so hoch wie der Durchschnitt der anderen Landkreis-Gemeinden. Die Steuerkraft der Gemeinde sei im Landkreisvergleich mit 2024 Euro je Einwohner aber nur halb so hoch. Da die Gemeinde ihre Kredite nicht ordentlich tilgen könne, sei sie rein rechnerisch überschuldet.
Landratsamt empfiehlt Reduzierung der freiwilligen Leistungen, etwa Zuschüsse für Vereine
Das Landratsamt fordert die Gemeinde daher auf, bis Ende November ein Konsolidierungskonzept vorzulegen. Zudem empfiehlt man die Reduzierung der freiwilligen Leistungen, etwa die Zuschüsse für Vereine, und vor allem bei den Kindereinrichtungen, wo ein enormes Defizit von jährlich 4,7 Millionen Euro entsteht. Kritisch sieht das Landratsamt das von der Gemeinde angeführte Grundstück an der Erdinger Straße. Hier kalkuliert Kirchheim mit einem Erlös von über 60 Millionen Euro, das Landratsamt zieht diesen Betrag stark in Zweifel.
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Bürgermeister Keck erklärt massiv gestiegene Baukosten für Schulen und Rathaus
Bürgermeister Stephan Keck beschwichtigt. „Zum einen erhält annährend jede Gemeinde im Landkreis vom Landratsamt die Kritik, sie gebe zu viel für freiwillige Leistungen aus und sollte dort einsparen.“ Aber einige Kritikpunkte seien tatsächlich zutreffend. „Unsere aktuell hohen Investitionen sind seit Jahren bekannt. Probleme bereiten uns die massiv gestiegenen Baukosten von bis zu 40 Prozent, vor allem bei den Schulen und dem Rathaus.“
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Corona-Folgen, Ukrainekrieg und Lage am Bau
Die Gründe liegen laut Keck bei Corona, Krieg sowie Unzulänglichkeiten der am Bau Beteiligten. „Das ist leider ein bundesweites Problem. Regelmäßig erleben wir, dass Baufirmen uns regelrecht erpressen. Die geben ein Angebot ab, erhöhen das dann extrem und sagen: Entweder ihr bezahlt das jetzt oder ihr müsst uns eben kündigen – wir haben genügend Aufträge“, ärgert sich Keck. So habe es beim Gymnasium und Rathaus seit 2021 eine Kostensteigerung um über 40 Prozent gegeben, das seien 22 Millionen Euro mehr als geplant. Jedes Jahr entstünden so Zins- und Tilgungskosten von einer Million Euro.
Haushaltskonsolidierungsgruppe hat Arbeit aufgenommen
Eine Haushaltskonsolidierungsgruppe hat laut Keck bereits im Dezember 2023 die Arbeit aufgenommen, ebenso gab es eine Gemeinderatsklausur. „Wir haben alles auf den Prüfstand gestellt und zahlreiche Einsparungsmöglichkeiten erarbeitet. Die notwendigen Beschlüsse werden nun gefasst und fließen in den nächsten Haushalt ein. Im Hauptausschuss am 17. September starteten die Detailberatungen“, sagte Keck.
Sparkurs in Kombination mit Gewerbeansiedlung
Eine weitere Maßnahme seien die neuen Gewerbegebiete Campus Kirchheim und Heimstetten und die Aufwertung der bestehenden. „Hervorragende weiche Infrastrukturfaktoren mit Ortspark, Schulen, Kindergärten und vielem mehr ist ja vorhanden.“ Keck stelle bei seinen Gesprächen mit ansiedelungswilligen Firmen fest, „dass Kirchheim zieht, viele wollen zu uns. Wenn es keine Wirtschaftskrise gibt, dann bekommen wir das hin – aber wir müssen in zahlreichen Punkten deutlich einsparen“. Die enormen Baukostensteigerungen seien nicht vorherzusehen gewesen, daher macht Keck auch seinem Vorgänger Maximilian Böltl (CSU) keinen Vorwurf für die wirtschaftliche Situation der Gemeinde. „Vielleicht haben wir aber ein paar Projekte zu viel gleichzeitig begonnen“, gesteht Keck ein.
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