Berlin. Ausfälle und Schienenersatzverkehr: Die Auswirkungen des Brandes verwirren Fahrgäste an den Bahnhöfen. Bekennerschreiben im Internet aufgetaucht.
Die Deutsche Bahn rechnet nach dem Kabelbrand an einer Bahnstrecke in Charlottenburg noch bis kommende Woche mit Einschränkungen für den Zugverkehr vor allem in Berlin. Infolge des Brands können mehrere Signale und Weichen zwischen dem Hauptbahnhof und Berlin-Spandau nicht bedient werden, es kam zu Einschränkungen im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr. Die Ringbahn zwischen Westend und Beusselstraße ist unterbrochen, ein Ersatzverkehr mit Bussen wurde eingerichtet. Betroffen seien hunderte Züge und Zehntausende Fahrgäste, wie ein Sprecher der S-Bahn Berlin sagte.
Fahrten über den Bahnhof Spandau entfielen oder wurden umgeleitet. Die Ausfälle stellten die Fahrgäste dabei schon wenige Stunden nach dem Vorfall vor große Herausforderungen. Am S-Bahnhof Jungfernheide wiesen am Vormittag zwar Anzeigetafeln auf Vandalismus und den Ersatzverkehr „Westend-Beusselstraße“ hin. Die Abfahrt sei am Tegeler Weg, „wie Bus 109“, hieß es weiter.
Viele Passagiere stehen hilflos am Gleis
Was fehlte, war aber der schlichte Hinweis, dass keine Bahnen mehr fuhren – möglicherweise sogar auf Englisch, denn viele der Fahrgäste sprachen kein Deutsch, hatten Feriengepäck dabei. Bahn-Personal war auf den Bahnsteigen nicht zu sehen. So warteten viele Passagiere ratlos am Gleis, obwohl dort seit dem Morgen keine S-Bahnen mehr fuhren, wie eine Imbissverkäuferin jenen erklärte, die sich bei ihr erkundigten.
Eine ältere Dame sagte, sie sei mit dem Taxi aus Spandau zum Bahnhof Jungfernheide gekommen, nachdem sie vom Kabelbrand im Radio gehört habe. „Das war nicht da erste Mal, die S-Bahn fällt leider immer wieder aus“, sagte sie.
Fahrgäste beraten sich gegenseitig
Auch an den Bushaltestellen vor dem Bahnhof sammelten sich die Fahrgäste – in der Hoffnung auf den Schienenersatzverkehr oder Hilfe bei der Planung der Weiterfahrt. Doch selbst die Linien-Busfahrer schienen den Abfahrtsort der Ersatzbusse nicht zu kennen.
Während an den Bahnsteigen der S-Bahn auf die Angebote der BVG verwiesen wurden, erhielten Fahrgäste in der BVG-App zunächst nur einen Hinweis auf die „Großstörung“ bei der S-Bahn samt Hinweisen auf ausfallende Verbindungen. An der Bushaltestelle in Jungfernheide wurde ein entscheidender Tipp ausgetauscht: Man müsse in der App die S-Bahn als Verkehrsmittel über den Filter ausschließen, erklärte eine Frau einer anderen. „Dann bekommen Sie stattdessen U-Bahnen, Busse oder Straßenbahnen Route angezeigt.“
Ursache des Brandanschlags nach wie vor unklar
Tipps wie diese müssen sich die Berliner wohl noch einige Tage lang merken. Technikexperten der Bahn seien zwar dabei, den Schaden schnellstmöglich zu beheben. „Weil mehrere Kabel betroffen sind, werden die Reparaturarbeiten aber über das Wochenende andauern. Voraussichtlich bis Anfang der kommenden Woche wird der Zugverkehr noch eingeschränkt sein“, teilte die Deutsche Bahn mit.
Derweil herrscht weiterhin Unklarheit über den Hintergrund des Feuers. Allerdings tauchte am Freitag im Internet ein angebliches Bekennerschreiben auf einer linksextremen Plattform auf. Dort heißt es: „Diese Woche kam es in Bremen, Hamburg und Berlin zu Brandangriffen auf Infrastruktur der Deutschen Bahn. Die durch diese Angriffe erfolgten Ausfälle sorgen hoffentlich für wirksame Unterbrechungen in der kapitalistischen Routine.“
Demnach richteten sich die Brandanschläge gegen die Deutsche Bahn, weil der „Staatskonzern“ das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilde und den Treibstoff liefere, der diese am Laufen halte. Weiter heißt es: „Täglich werden durch DB Cargo über die Schienen der Bahn tonnenweise weltweit geplünderte Rohstoffen in die Werkhallen und Fabriken der großen Industrien der Stahl-, Chemie-, oder Automobilbranche befördert, um den unersättlichen Hunger dieser Gesellschaft nach Konsumgütern und Baumaterialien gerecht zu werden.“ Die Lieferungen trügen zu einer „allumfassenden Zerstörung“ der Erde bei. Zugleich sei die Bahn ein zentraler Bestandteil militärischer Infrastruktur und diene zur Truppenverschiebung, und sei neben Autobahnen die Grundlage, um Rüstungstransporte in die ganze Welt zu bewegen.
Die Ermittlungen hat mittlerweile das Berliner Landeskriminalamt übernommen. „Wir ermitteln nach wie vor in alle Richtungen“, so ein Sprecher auf Nachfrage. In den sozialen Netzwerken weckte der Vorfall Erinnerungen an die Brandanschläge auf das französische Zugnetz vor knapp einer Woche zum Auftakt der Olympischen Spiele in Paris, hinter denen linksextremistische Täter vermutet werden.