Jenseits der Glaubwürdigkeit: So ist der „Polizeiruf“ aus München
Zum Jahresende wagt Regisseur Dominik Graf mit dem Münchner „Polizeiruf: Jenseits des Rechts“ (29.12.24) einen wilden, aber wenig überzeugenden Genremix aus Krimi, Drama und Klamauk.
Da liegen sie also, all die Puzzleteile, jedes für sich ästhetisch gestaltet und hübsch anzuschauen. Doch zusammengesetzt ergeben sie kein wirklich stimmiges Bild. Nichts scheint so recht zusammenzupassen. Dominik Graf hat seinen siebten „Polizeiruf“ für die ARD-Krimireihe inszeniert. Und stünde nicht sein renommierter Name im Abspann, sondern der von Mariechen Müller würde vermutlich niemand beim Münchner „Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts“ von großer Kunst sprechen.
Graf liebt die Großaufnahme. Die Kamera von Hendrik A. Kley saugt sich fest am Gesicht von Langzeit-Patientin Mia (überzeugend: Emma Preisendanz), die bei ihrem Therapeuten (Michael Roll) sitzt, um über ihren neuen Freund Lucky zu sprechen. Mit ihm dreht sie in einem schmuddeligen Wohnwagen Amateurpornos und spürt sich nach all der Trauer um den zu frühen Tod der Mutter endlich wieder selbst. Eine intensive Szene, ein interessantes Puzzleteil. Doch Lucky wird kurz darauf ermordet, und Kommissarin Cris Blohm (Johanna Wokalek) und ihr Kollege Dennis Eden (Stephan Zinner) bekommen es mit einem Fall zu tun, der dem Publikum und ihnen viel abverlangt.
Buch (Tobias Kniebe) und Regie wirken bisweilen so als wäre den Verantwortlichen beim gemeinsamen Brainstorming die Fantasie durchgegangen: Der Hobby-Pornodarsteller, der umgeben von Bauzäunen in einem angeranzten „Künstlerviertel“ mit wackeliger Handkamera filmt, hat erstaunlicherweise eine Managerin, seine Gespielin Mia kommt – na klar – aus wohlstandsverwahrlostem, gefühlskaltem Haus. Der Vater, steinreicher Goldhändler mit dubiosen Verbindungen zu Waffenmogulen, die Schwester, Influencerin im Follower-Rausch, der Therapeut, ein langjähriger, allzu väterlicher Freund der Familie. Jedes dieser Puzzleteile hat Dominik Graf mit Hingabe gestaltet und geformt. Und ja, es ist durchaus faszinierend, sich einige genauer anzuschauen. Nur, dass das Gesamtbild, das hier am Ende mit Gewalt zusammengefügt wird, irgendwie grotesk wirkt.
Vieles ist leider Beiwerk. So auch die interessante juristische Finesse, die in diesem München-Krimi titelgebend ist und die Kriminaltechnikerin Franca Ambacher (Jule Gartzke) in eine Zwickmühle bringt. Beim DNA-Abgleich vom Tatort stößt sie zufällig auf eine heiße Spur. Doch die Rückschlüsse auf die Identität des Täters darf sie offiziell nicht den Ermittlern weitergeben. Also weiht sie Kollegin Blohm heimlich ein, und die begibt sich auf einen (reichlich) klamaukigen Streifzug, um die Beweisführung wasserdicht zu machen. Grafs wilder Genremix ist gewagt, aber leider nur wenig glaubwürdig.
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