Berlin. Auch bei privater Textverarbeitung sollten wir auf die korrekte Typografie achten, schreibt Peter Schmachthagen in seiner Kolumne.
Selbst wenn es Ihnen gegen den Strich geht – ein Strich beim Schreiben und Lesen ist nicht stets ein gleicher Strich. Es gibt kurze Striche, lange Striche, Bindestriche, Gedankenstriche, Trennstriche, Ergänzungsstriche, „bis“-Striche, Streckenstriche und sogar Straßenstriche (Pardon! Das Letzte gehört nicht hierher – bitte streichen!). Unter einem Strich verstehen wir in diesem Zusammenhang also eine mit einem Schreibgerät oder Ähnlichem gezogene, meist horizontal verlaufende und nicht allzu lange Linie.
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Der Schriftsetzer, der seit Gutenbergs Zeiten den Bleisatz zusammensetzte, konnte nicht mehr mit Gänsekiel arbeiten, sondern musste die Zeile aus druckenden und nicht druckenden Typen nach festen Regeln penibel im Winkelhaken zusammenfügen. Die Typografie (Gestaltung von Druck-Erzeugnissen) vereinte sich hier mit der Orthografie (Rechtschreibung) und der Interpunktion (Zeichensetzung). Heutzutage ist jedermann sein eigener Setzer am Computer oder Smartphone, und wer selbst das nicht schafft, dem hilft die Künstliche Intelligenz oder der Editor von Microsoft, einen einigermaßen lesbaren Text zustande zu bringen. Trotzdem kann nicht verkehrt sein, auch in Briefen, Schreiben, Broschüren, Flugblättern und Einladungen ein bisschen von der Schwarzen Kunst zu bewahren. Dafür gibt es Regeln – im Duden oder in anderen Wörterbüchern. Selbst ein Rundschreiben zum Kinderfest oder zum Grillabend des Sportvereins macht gleich einen besseren Eindruck, wenn Striche, Zeichen und Spatien (Zwischenräume) nicht willkürlich durcheinandergeraten sind.
Im Schreiballtag verwenden wir zwei unterschiedlich lange Striche, den kurzen Bindestrich und den längeren Gedankenstrich. Der Bindestrich „bindet“ Wörter oder Wortteile aneinander, sodass im Allgemeinen Wortzusammensetzung (Komposita) oder Fügungen entstehen (etwa „der i-Punkt, die A-Dur-Sonate, das In-den-April-Schicken“). Innerhalb solcher Kopplungen gibt es keine Leerräume. Deshalb werden Bindestriche kompress (ohne Spatien) gesetzt.
Ergänzungsstrich statt gemeinsame Bestandteile in Zusammensetzungen
Der Bindestrich steht als Ergänzungsstrich, wenn bei Zusammensetzungen oder Ableitungen ein gemeinsamer Bestandteil nur einmal genannt wird. Beim Großhändler für „Feldfrüchte und Gartenfrüchte“ ist das Grundwort „-früchte“ doppelt vorhanden. Es reicht, wenn es nur einmal genannt wird. Das übernimmt der Ergänzungsstrich: Großhändler für Feld- und Gartenfrüchte. Oder; Textilgroß- und -einzelhandel.
Ein Bindestrich bleibt am Zeilenende als Bindestrich erhalten. Ist jedoch ein Wort am Zeilenende zu trennen, tritt der Trennstrich ein. Bindestrich und Trennstrich sehen gleich aus, haben jedoch unterschiedliche Eigenschaften. Der Bindestrich bleibt, der Trennstrich soll jedoch bei einem anderen Zeilenfall wieder verschwinden. Das muss der Computer „wissen“. Sonst finden Sie plötzlich mitten in der nun anders formulierten Zeile eigenartige Trennungen wie ein „Tür-schloss“.
Der Gedankenstrich ist kein Wortzeichen, sondern ein Satzzeichen. Man unterscheidet den einfachen Gedankenstrich, der eine Pause markiert („Dann brach es herein – das Fiasko“), und den paarigen Gedankenstrich, der eine Einschub kennzeichnet („Klose schaffte – eine große Befriedigung für den ehemaligen Weltmeister – als Trainer in Nürnberg seinen ersten Heimsieg“). Vor und hinter einem Gedankenstrich wird ein Leerraum eingefügt. Um Entfernungen und Zeitabschnitte anzugeben, wird der längere Strich verwendet, der ohne Leerraum steht. („Die Strecke Hamburg–Berlin ist stark überlastet“).
Auch bei Zeitangaben können Striche stehen
Wenn der (lange) Strich als „bis“ gesprochen wird, steht er kompress, wird er jedoch als „gegen“ gelesen, bekommt er feste Leerzeichen. Lebensdaten sind ein Beispiel für „bis“: Der frühere Regierende Bürgermeister Willy Brandt (1913–1992) trat 1974 als Bundeskanzler zurück. Oder: Der Erste Weltkrieg (1914–1918) endete mit der Niederlage Deutschlands.
Sportbegegnungen zum Beispiel sprechen wir als „gegen“ aus. Ganz aktuell: HSV – Hertha BSC 1:1. Der „gegen“-Strich steht immer mit festem Leerraum, das Spielergebnis (mit Doppelpunkt) rückt hingegen eng zusammen.