Bürgergeld-Streit: Heil-Plan zur Arbeit von Empfängern ist „krachend gescheitert“
Arbeitsminister Hubertus Heil will die Regeln beim Bürgergeld verschärfen. Dabei verpasst der Minister selbst sein Ziel beim Umgang mit Langzeitarbeitslosen.
Berlin – Im Zuge ihrer sogenannten Wachstumsinitiative erhöht die Ampel-Koalition die Anforderungen an Bürgergeld-Empfänger. Sie führt strengere Bürgergeld-Regeln ein, in der Hoffnung, die Betroffenen rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Förderprogramme zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt kommen dagegen immer seltener zur Anwendung.
Zwei Maßnahmen des 2019 eingeführten Teilhabechancengesetzes sind dabei im Fokus. Dadurch sollen Langzeitarbeitslose, die etwa Bürgergeld beziehen, durch einen Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber in den Arbeitsmarkt integriert werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ( SPD) wollte dadurch 150.000 geförderte Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose schaffen.
Streit um Arbeit für Bürgergeld-Empfänger: Immer weniger Förderplätze für Langzeitarbeitslose
Doch seit der Einführung des Gesetzes ist die Anzahl der geförderten Stellen im Rahmen des Teilhabechancengesetzes stetig gesunken. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die IPPEN.MEDIA exklusiv vorliegt. Die Anzahl der durch Arbeitgeberzuschüsse geförderten Arbeitsplätze ist von etwa 10.000 auf nur noch 4.737 Bestandsförderungen im Juli 2024 gesunken.
Die „Teilhabe am Arbeitsmarkt“, eine Förderung für Menschen, die mindestens sechs Jahre arbeitslos waren, hat ebenfalls einen Rückgang verzeichnet. Die Anzahl der geförderten Stellen sank von etwa 40.000 bis 43.000 im Jahr 2021 auf etwas mehr als 34.000 im März 2024. Für 2024 planen die Jobcenter laut Antwort des Bundesarbeitsministeriums etwa 5.500 Eintritte in die Förderung für Langzeitarbeitslose. Die Zahl der Austritte aus dem Programm liegt darüber. Zudem nimmt die Dauer der Förderungen ab.
Linke attackiert Heil im Bürgergeld-Streit: Bei Förderung von Langzeitarbeitslosen „krachend gescheitert“
„Mit seinem Ziel, 150.000 Langzeitarbeitslose durch Lohnkostenzuschüsse in Beschäftigung zu bekommen, ist Arbeitsminister Heil krachend gescheitert“, erklärte Heidi Reichinnek, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag gegenüber IPPEN.MEDIA. Sie führt die „ enormen Kürzungen“ der Fördermittel der Jobcenter und ihre strukturelle Unterfinanzierung als Gründe an. „Diese zwingt die Jobcenter, Mittel für Qualifizierung und Lohnzuschüsse in ihren Verwaltungshaushalt umzuleiten.“
„Von den vier Milliarden, die zwischen 2019 und 2022 in den sozialen Arbeitsmarkt fließen sollten, sind nur 2,3 Milliarden Euro tatsächlich dort angekommen“, führte Reichinnek aus. „Die Regierung lässt ein an sich gutes Mittel ausbluten und schiebt die Verantwortung auf die Jobcenter und die Beschäftigten ab, die sowieso schon immer mehr Fälle auf einmal bearbeiten müssen.“
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Bundesregierung räumt ein: Finanzierung der Förderung für Bürgergeld-Bezieher eine „Herausforderung“
Die Bundesregierung sieht die Verantwortung für die „zweckgerechte“ Verwendung der Mittel bei den Jobcentern. Sie seien auch für die Zahl der geförderten Stellen sowie weitere Instrumente zur Vermittlung von Arbeitslosen zu Unternehmen verantwortlich, erklärte das federführende Bundesarbeitsministerium in seiner Antwort.
Das Ministerium räumt jedoch ein, dass die finanzielle Ausstattung der Förderprogramme aufgrund der „aktuellen Haushaltssituation“ eine „Herausforderung“ darstellt. Auch das Bürgergeld bleibe von der angespannten Haushaltslage nicht verschont.
Linken-Politikerin Reichinnek kritisiert „faktenfreie Stimmungsmache“ gegen Bürgergeld-Bezieher
Die Linken-Sozialpolitikerin Reichinnek kritisierte die Sparmaßnahmen gegenüber IPPEN.MEDIA: „Statt ihr Versprechen einzulösen und die Förderung zu stärken, stimmen immer mehr Teile der Bundesregierung in die faktenfreie Stimmungsmache gegen Bürgergeld-Empfänger ein.“ Innerhalb der Ampel-Koalition drängen vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner und dessen FDP zu Kürzungen beim Bürgergeld.
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