Bereicherung aus dem Breisgau
Unbekümmerte Gesichter wie Cora Zicai kann der deutsche Frauenfußball gut gebrauchen.
Was so ein handgemachtes Plakat doch alles bewirken kann. „Tooora Zicai“ hatten ihre Mitspielerinnen Alina Axtmann und Tessa Blumenberg in Versalien auf das Transparent gemalt, dazu einige Bilder und einen Geburtstagsgruß untergebracht, was beim ersten Länderspiel von Cora Zicai seine Wirkung offenbar nicht verfehlte. An ihrem 20. Geburtstag vor 17 306 Fans in Zürich für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gleich ein Tor und eine Torvorlage zum 6:0-Kantersieg den EM-Gastgeber Schweiz beizusteuern, überwältigte die Newcomerin. „Das war ein unbeschreibliches Gefühl, bei meinem ersten Länderspiel direkt zu treffen“, sagte Zicai sichtlich aufgewühlt. „Ich glaube, dass ich das noch nicht ganz realisieren kann, weil irgendwie so ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist.“ Verrückte Tage.
Vermutlich wird die bereits bei der U20-WM in Kolumbien mit sechs Scorerpunkten aufgefallene Offensivallrounderin auch zum Jahresabschluss der DFB-Frauen gegen Italien in Bochum (Montag 20.30 Uhr/ARD) vorspielen. Für eine, die beim Anruf von Bundestrainer Christian Wück „aus allen Wolken“ fiel, kam die Premiere ziemlich abgeklärt rüber. Sie half mit, das eidgenössische Bollwerk zu überlisten. „Wie die Mädels in der zweiten Halbzeit mit mehr Dynamik gespielt und die Chancen genutzt haben, war der nächste Entwicklungsschritt“, lobte Wück. „Über Cora müssen wir nicht viel reden. Besser kann ihr Debüt nicht laufen.“ Auf der linken Außenbahn empfahlt sich eine für weitere Einsätze mit Blick auf die EM 2025.
Der Bundestrainer liegt richtig, wenn er den Toptalenten – dazu gehörte auch die zwei Tage nach ihrem 18. Geburtstag eingesetzte Alara Sehitler vom FC Bayern –Vertrauen schenkt. Am Wochenende stieß anstelle der von muskulären Problemen geplagten Stina Johannes (Eintracht Frankfurt) mit U23-Torhüterin Rafaela Borggräfe gleich die nächste Freiburgerin zum DFB-Team.
Auf Zicai hatte im Stadion Letzigrund nicht nur die Mutter mit den fünf Brüdern aus einer sportbegeisterten Familie in Freiburg gewartet, sondern auch Birgit Bauer-Schick, Bereichsleiterin Frauen- und Mädchenfußball des SC Freiburg. Das erste und zweite Frauenteam waren extra im Mannschaftsbus über die Grenze gereist, um die märchenhafte Premiere im Stadion Letzigrund zu erleben.
„Cora kann noch ganz viel erreichen“, glaubt Bauer-Schick, die am Mittwoch im Schloss Bellevue das Bundesverdienstkreuz empfängt. Die 60-Jährige habe sich „in herausragender Weise für den Frauenfußball und seine Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit eingesetzt“, heißt es. Unter familiären Obhut reifen im Breisgau fast unentwegt Nationalspielerinnen heran.
Auch bald beim FC Bayern?
Mit fünf Ligatreffern ist die bei der Bundeswehr geförderte Zicai aktuell die torgefährlichste Spielerin beim Sportclub, mit dem die gerade auch den FC Bayern im Pokal ärgerte. Weil sie schon früh klare Ziele formulierte („Ich will Titel gewinnen und zu den Besten gehören“) besteht die Befürchtung, dass sie wie Melanie Leupolz (2014), Sara Däbritz (2015), Lina Magull (2018), Giulia Gwinn (2019) oder Klara Bühl (2020) nach München übersiedelt.
Doch so leicht gibt der Ausbildungsverein sein seit dem zwölften Lebensjahr entwickeltes Eigengewächs nicht her. Die Gespräche über eine Vertragsverlängerung laufen. Bauer-Schick: „Ihre nächsten Schritte kann sie auch in Freiburg machen. Ich hoffe, dass sie uns noch lange Freude machen wird – sie wird immer mehr zum Gesicht unserer Frauen.“ Vertrauen und Spielpraxis sind in diesem Entwicklungsstadium elementar. Dass die Technikerin häufiger den Ball verliert, weil sie den Kopf nicht hochnimmt, gehört dazu. Gleichwohl bringe die 1,76 Meter große Spielerin vieles mit, wie ihre im Mutterschutz weilende Trainerin Theresa Merk bereits herausstellte: „Cora ist eine Super-Dribblerin, hat ein extrem gutes Ballgefühl und ist torgefährlich.“ Daher ja auch das „Tooora Zicai“.
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