Berlin. Die Berliner Wasserbetriebe erneuern Wasserleitungen. An der Landsberger Allee zeigen sie, wie das geht – schnell jedenfalls nicht.
Bereits von weitem sichtbar könnte es sich um eins dieser viel diskutierten und oftmals nicht verstandenen Kunstprojekte in Berlin handeln. Auf der Landsberger Allee in Lichtenberg glänzt an diesem Sonnabendmorgen ein mehrere Hundert Meter langes Rohr in der Morgensonne. Es liegt auf dem Mittelstreifen und wird von zwei Bauarbeitern mit Tüchern abgewischt. Das Rohr, etwa ein Meter im Durchmesser, erhebt sich an einer Stelle, wird dort von einer Gerüstkonstruktion mehrere Meter über dem Boden getragen und fällt dann ebenerdig wieder ab. Es ist Teil eines großen Infrastrukturprojekts der Wasserbetriebe.
Anwohner und andere Interessierte konnten am Sonnabend bei einem „Tag der offenen Baustelle“ zusehen, wie der sogenannte Abwasserdruckleitungs-Rohrstrang unter die Erde gekommen ist. Auf dem Mittelstreifen der Landsberger Allee Höhe Vulkanstraße befindet sich eine Baugrube, in der das Kunststoffrohr verschwindet. „Die Abwasserdruckleitung aus Polyethylen hat einen Durchmesser von einem Meter. Sie wird von einer auf dieses Verfahren spezialisierten Firma in die bereits unter der Erde vorhandenen Gussleitungen hineingezogen“, erklärt Björn Böttcher von der Bauleitung das Verfahren. „Etwa zehn Meter pro Stunde. Bis zum Nachmittag ist das 430 Meter lange Rohr unter der Erde.“
Elf Prozent der Wasserversorgung fließt durch die „Wasserautobahn“
So sollen in den kommenden Jahren auf einer Länge von knapp zwei Kilometern insgesamt vier Trinkwasserleitungen und zwei Abwasserdruckleitungen zwischen der Vulkanstraße und dem S-Bahnhof Landsberger Allee erneuert werden. Das in geschlossener Bauweise, mit dem sogenannten PE-Close-Fit-Verfahren.
Einige der gusseisernen Trinkwasserrohre liegen zum Teil bereits seit mehr als 100 Jahren im Boden und sind entsprechend sanierungsbedürftig, sagte eine Sprecherin der Wasserbetriebe. Nach Angaben des Unternehmens besteht bei den Leitungen eine alters- und materialbedingte Bruchgefahr, besonders vor dem Hintergrund des deutlich gestiegenen Verkehrsaufkommens auf der Landsberger Allee. Bei den vier Leitungen, die betroffen sind und erneuert werden, handelt es sich um Trinkwasserleitungen und Abwasserdruckleitungen. Alle vier zusammen decken rund elf Prozent des täglichen Wasserbedarfs Berlins ab und haben eine übergeordnete Bedeutung für die Versorgung der Stadt, so die Wasserbetriebe. Unter anderem das Regierungsviertel in Mitte wird über diese Leitungen mit Trinkwasser versorgt. Bei der Menge des Wassers, das durch die Rohre fließt, sprechen die Experten auch von der „Wasserautobahn“.
Sieben Jahre Vorplanung für das Bauvorhaben
Beim „Tag der offenen Baustelle“ an der Landsberger Allee Ecke Vulkanstraße nutzten viele Anwohner die Möglichkeit, einen Blick in die Baugrube zu werfen und sich mit den Baufachleuten zu unterhalten. Kritik und Fragen gab es vorwiegend zu den zahlreichen Straßensperrungen und den gefällten Bäumen auf dem Mittelstreifen.
Insgesamt mussten 38 verschiedene Verkehrsphasen über mehrere Jahre durchgeplant, beantragt und genehmigt werden, hieß es von den Wasserbetrieben. Bei so einem großen und über Jahre dauernden Bauprojekt mit verschiedenen Querungen und Absperrungen ließen sich Verkehrsbehinderungen nicht ausschließen. Etwa sieben Jahre Planung waren nötig. „Ich wohne in Marzahn und meine beiden Töchter wohnen hier in der Umgebung“, sagt Jürgen Dietze. „Mich interessiert das gesamte Bauvorhaben und besonders die Verkehrsführung während der Bauarbeiten. Ich muss ja hier regelmäßig durch.“
Auch die Fragen nach den insgesamt für die Bauarbeiten 63 gefällten Bäume wurden beantwortet. „Die Wasserbetriebe haben eine Ausgleichszahlung an das Bezirksamt geleistet“, beantwortete der Moderator auf der Bühne die Frage einer Anwohnerin. „Davon wird das Bezirksamt nach Ende der Bauarbeiten Ersatzpflanzungen vornehmen.“
Sanierung und Neubau dauern bis Ende 2029
Bis dahin werden aber noch einige Jahre ins Land gehen. Bis 2029 planen die Wasserbetriebe die Sanierung und den Neubau der Leitungen. Und der Mittelstreifen auf der Landsberger Allee wird später zu einer provisorischen Fahrspur. Aktuell sind die ursprünglich jeweils dreispurigen Fahrbahnen auf zwei Streifen je Fahrtrichtung verengt. Der Mittelstreifen sowie die beiden angrenzenden inneren Spuren sind abgesperrt. Zu einem späteren Zeitpunkt werden andere Fahrspuren gesperrt, dafür dient dann der Mittelstreifen als Fahrspur. Demnach sollen auch während der Bauarbeiten zwei Spuren je Richtung befahrbar sein
Nach der 1,4 Kilometer langen Sanierung mittels PE-Close-Fit-Verfahren beginnt dann die Verlegung der neuen Trinkwasserleitungen. Diese werden immer abschnittsweise von Knotenpunkt zu Knotenpunkt eingebaut. „Für eine Fertigstellung bis Ende 2029 soll, wann immer es möglich und technisch sinnvoll ist, an sechs Tagen pro Woche und werktags auch im Schichtbetrieb gearbeitet werden“, kündigen die Wasserbetriebe an.
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