„Auch Weilheim muss sich bewegen“
Die Bürger müssten bereit sein, „so manches Liebgewonnene aufzugeben“. Das betonte Weilheims Stadtrats-Älteste Ragnhild Thieler in ihrer „Nestor-Rede“. Sie forderte aber auch mehr Wertschätzung und mehr Entlastungen.
Zum Jahresende ist im Weilheimer Stadtrat traditionell Raum für grundsätzliche Gedanken über das Tagesgeschäft hinaus – wenn die oder der Rats-Älteste die Nestor-Rede hält und damit quasi das letzte Wort des Sitzungsjahres hat. Ragnhild Thieler (79), die der BfW-Fraktion angehört, richtete dabei in der Weihnachtssitzung mahnende Worte an Bürger wie an Politikerkollegen: „Es würde uns allen auch sicherlich guttun, mutiger zu sein, über den eigenen Tellerrand zu blicken und von denen zu lernen, die es besser gemacht haben.“
Die Arbeit im Stadtrat sei geprägt von „immer neuen Anforderungen, die wir so nicht erwartet haben“. Diesen müssten sich die Lokalpolitiker stellen und „die realen Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen“, so Thieler: „Wenn die Probleme nicht angesprochen werden, gerät die Politik unter Druck und es wird Neugründungen von Parteien geben.“ Und sie fügte an: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass manche Menschen wirklich glauben, eine extreme Partei könne die Probleme lösen.“
Warnung vor Kultur-Kürzungen
Ein wachsendes Problem für Kommunen sei es, die von Land und Bund auferlegten Pflicht㈠aufgaben wie die Kinderbetreuung und den Hochwasserschutz zu finanzieren: „Auch uns sind diese Themen wichtig, aber als Stadt alleine sind wir kaum noch in der Lage, diese zu bewältigen, da muss sich unbedingt etwas ändern.“ Zugleich gelte: „Auch Weilheim muss sich bewegen und flexibler werden, sich den Gegebenheiten der Zeit anpassen.“ Engagierten Bürgern sollten weniger bürokratische Hürden in den Weg gestellt werden, es brauche „mehr Entlastungen statt immer weitere Belastungen“ – und „wieder die Wertschätzung für Arbeit und Leistung“. Aber: „Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen natürlich bereit sein, sich umzustellen und vielleicht damit so manches Liebgewonnene aufzugeben“, betonte die 79-Jährige.
Anpacken mit Zuversicht
Ihre Ratskollegen warnte die Nestorin indes davor, „im kulturellen Leben verstärkt den Rotstift anzusetzen“, auch wenn die Haushaltslage schwierig sei. Kunst und Kultur seien „eine Form der Daseinsvorsorge in der demokratischen Vielfalt“ und deshalb „nicht nur was für finanziell gute Zeiten“, unterstrich Thieler, die auch Kulturreferentin des Stadtrates ist. Die Stadtpolitik müsse Chancen schaffen für die nächsten Generationen, dabei seien Klimaschutz, Bildung, Kultur und Sport von besonderer Bedeutung: „Alles leider keine Pflichtaufgaben, aber trotzdem sehr wichtig!“
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„Packen wir mit Zuversicht im nächsten Jahr die gestellten Aufgaben geradlinig auf direktem Wege an“, so lautete am Ende Thielers Appell – der sich an die Kollegen im Stadtrat richtete und zugleich wohl allen Weilheimern galt: „Und niemals dürfen wir einstimmen in den Chor der immer Unzufriedenen.“
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