Ab Januar ein „Bitcoin-Präsident” im Weißen Haus und nun auch noch ein Befürworter digitaler Währungen an der Spitze der US-Finanzaufsicht SEC. Krypto-Fans hätten sich kaum mehr wünschen können. Erstmals durchbricht der Bitcoin die 100.000-Dollar-Schallmauer. Wie geht es weiter?
Knapp 16 Jahre nach dem Start hat die größte Kryptowährung, der Bitcoin, erstmals den Wert von 100.000 Dollar überschritten. Zwischenzeitlich stand der Kurs bei 103.253 US-Dollar. Vor allem seit den US-Präsidentschaftswahlen am 5. November legte der Bitcoin enorm zu.
Die Investoren versprechen sich, dass der Wahlsieger Donald Trump eine kryptofreundliche Regulierung umsetzen wird. Die Party-Stimmung der Krypto-Szene wurde durch die Ankündigung von Trump angeheizt, den Krypto-Befürworter Paul Atkins zu seinem Wunschkandidaten als Chef der mächtigen US-Börsenaufsicht SEC zu machen. Der bisherige SEC-Vorsitzende Gary Gensler war dagegen für seinen harten Kurs gegenüber Digital-Währungen bekannt. Gensler hatte am 21. November angekündigt, mit dem Einzug Donald Trumps ins Weiße Haus im Januar von seinem Posten zurücktreten.
Trump mag Krypto
Trump gilt unter Bitcoin-Anlegern als große Hoffnung, seit er sich im Juli auf einer Konferenz für Kryptowährungen aussprach. Anlegerinnen und Anleger erhoffen sich von Trump Deregulierung und möglicherweise sogar den Aufbau einer strategischen Reserve parallel zum US-Dollar, ähnlich wie Gold. Das würde die Nachfrage und damit den Kurs weiter antreiben.
Allein in den zwölf Handelstagen nach der US-Wahl gab es einen Nettozufluss von 6,8 Mrd. Dollar in Bitcoin-ETFs, was 570 Mio. Dollar pro Tag oder 6000 Bitcoin entspricht. Zum Vergleich: das tägliche Angebot neuer Bitcoin liegt derzeit nur bei 450 Bitcoin. Damit liegt die Nachfrage durchschnittlich beim 13-Fachen und an manchen Tagen sogar beim 20- bis 25-Fachen dessen, was der Primärmarkt bereitstellt. Kein Wunder also, dass der Preis stark steigt.
Wie nachhaltig ist die Bitcoin-Rally?
Die Frage ist nun, ob der Bitcoin die 100.000 nachhaltig halten kann. Timo Emden von Emden Research, einer der wenigen agnostischen Beobachter von Kryptowährungen, war zuletzt skeptisch. „Solange Trump noch nicht in das Weiße Haus eingezogen ist, könnten Anleger in den verteilten Vorschusslorbeeren weiterhin einen Nährboden finden.” Spätestens ab dem kommenden Jahr müsse Trump dann aber auch liefern.
Deutlich euphorischer zeigte sich kürzlich Eric Demuth, Chef der Kryptobörse Bitpanda. „Wir stehen an der Schwelle eines neuen Kapitels für die globale Finanzwelt. Die 100.000-Dollar-Marke für Bitcoin ist nicht nur eine Zahl – dies ist ein echter Wendepunkt”, so Demuth. Dieser hält die jüngste Rallye auch fundamental für begründet. „Die steigende Akzeptanz im Retail-Sektor, die fortschreitende Regulierung der Krypto-Märkte in Europa, die Zinssenkungen der Zentralbanken und die tiefgreifende Integration von Krypto-Währungen in traditionelle Finanzsysteme und Bankportfolios – das alles entfaltet nun seine volle Wirkung”, meint Demuth.
Ha Duong von BIT Capital sieht das ähnlich und blickt für die Zukunft vor allem auf die ungebliebte SAB 121-Regel in den USA. Diese Regel besagt, dass Verwahrstellen – zum Beispiel Banken – eine entsprechende Gegenposition in ihren Bilanzen für den fairen Wert der Krypto-Assets ihrer Kunden ausweisen müssen. Dies hat zur Folge, dass Banken enormes Kapital vorhalten müssen, was es häufig unrentabel macht. Kongress und Senat waren sich bereits einig, diese Regel abzuschaffen, doch US-Präsident Joe Biden stellte sich dagegen. Mit Donald Trump im Weißen Haus könnte SAB 121 bald aber tatsächlich fallen. „Dadurch wird die Anlageklasse für viele große Institutionen zugänglich, die bisher nicht mit Crypto-Firmen zusammenarbeiten wollten”, erklärte Duong Capital.
Er sei deshalb auch mittel- bis langfristig positiv für digitale Assets. Hinzu komme, dass sich das Angebot durch regelmäßige Halvings weiter verknappen werde. Durch Halvings wird die Ausgabe neuer Coins gebremst, wodurch Knappheit entsteht. Die Stock-to-flow-Rate, also vorhandene Werte geteilt durch neu hinzukommende Werte, sei auf absehbare Zeit dann nur noch halb so hoch wie die von Gold.
Duong glaubt zwar, dass es zunächst weitere Abverkäufe geben könnte, setzt die Unterstützungslinie aber relativ hoch bei etwa 90.000 Dollar. Um diese Linie gab es vor dem Aus von Gary Gensler bereits einige Gewinnmitnahmen. „Wir glauben, dass die Kurse weiter steigen können, auch wenn kurzfristige Handelsdynamiken naturgemäß schwer vorherzusagen sind. Der wichtigste Punkt aus unserer Sicht ist, dass sich nach dem Überschreiten der 100k-Marke nichts Grundlegendes ändert.”
